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Verantwortung abgeben - Trigger Warnung

Aktualisiert: 12. Mai 2022

Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, aber ich habe in der heutigen Welt das Gefühl, du wirst nur wahrgenommen, wenn du das schlimmste Problem von allen hast. Wenn dein Instagram-Account nur so von Depressivität prahlt. Oder wenn du Selbstmordgedanken hast und kurz davor bist, diese umzusetzen. Nur dann bekommst du einen Klinikplatz. Nur dann wirst du wirklich ernst genommen.


Warum nehmen einen so wenige ernst oder sehen es als Ausrede, wenn du offen über deine Krankheit sprichst? Wenn es dir gut geht, wird dir gesagt, sei normal oder du nervst. Und wenn es dir schlecht geht und sie erfahren, was der Grund dafür ist, ist es auch falsch. So oft habe ich dieses Verhalten in der letzten Zeit mitbekommen und verurteile wirklich niemanden, der so mit mir umgegangen ist – versteht mich nicht falsch. Aber dann braucht man sich nicht wundern, wenn man irgendwann nichts mehr erzählt, Geheimnisse hat oder sich möglichst plausible klingende Lügen ausdenkt.

Ich habe auch gelernt, was wirkliche Kritikfähigkeit bedeutet. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr ich diesen Spruch ,,Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung‘‘ hasse. Okay hassen ist ein starkes Wort, aber mir fällt gerade kein passenderes Verb dazu ein. Nicht mögen ist zu leicht ausgedrückt, weil dann wird es nicht ernst genommen und hassen zu hart. Egal, ich kann es nicht jedem Recht machen, aber ihr wisst hoffentlich alle, was gemeint ist.

Ich habe gelernt, dass der erste Schritt noch lang nicht die Einsicht ist, die es zur Besserung bedarf. Sondern der Wille und das Wissen darüber, wie man es verändert. Das ist der erste Schritt. Und danach kommt der Schritt, zu überlegen, wie man aus dem alljährlich erkenntlichen Muster ausbricht. Aber wie gesagt, man muss es auch wollen. Und nein, leider ist es danach immer noch nicht getan. Es bedarf Übung und harte Arbeit, derer sich viele nicht stellen können. Weil da immer noch eine Krankheit ist, die einen manchmal davon abhält. Wenn diese Krankheit dich beherrscht, dann schafft man manches einfach nicht sofort. Und für die, die es bis hierher immer noch nicht verstanden haben: Nein, es ist keine Ausrede, sondern eine von einem spezialisierten Arzt, Therapeut oder Psychologe anerkannte Krankheit, die eventuell dein ganzes Leben lang da sein wird. ABER die du trotzdem verstehen, annehmen und damit umgehen lernen kannst. Um noch mal auf die Kritikfähigkeit zurückzukommen: Kritikfähig sind meiner Meinung nach jene, die genau diesen Prozess durchleben. Natürlich nicht immer mit der Krankheit im Hinterkopf, weil viele diese gar nicht haben. Aber es lässt sich auch auf viele andere beliebige Lebensbereiche übertragen.

Ich dachte immer, dass ich nicht kritikfähig wäre. Jahrelang habe ich es mir selbst eingeredet, weil es irgendein x-beliebiger Mensch auf diesem Planeten vielleicht einmal – möglicherweise ohne es wirklich so böse und ernst zu meinen – zu mir gesagt hat. Aber vielleicht bin ich es ja doch. Denn ich nehme mir Kritik immer sehr zu herzen. Mittlerweile weiß ich, dass ich selbst erst mal verstehen musste, was davon echte Kritik und was bloß eine Anschuldigung ist. Dann zerdenke und zerdenke ich das Ganze, um dann zu überlegen, wie ich da rauskomme. Das ist aber der fatale Fehler. Die Frage, die du dir eigentlich stellen musst, ist: Möchte ich aus diesem Muster raus? Gefällt mir dieses Muster? Möchte ich vielleicht nur aus diesem Muster raus, um der anderen Person besser zu gefallen? Und wenn die Antwort auf die letzte Frage Ja ist, dann bringt es gar nichts. Für die andere Person mag genau diese Antwort als ,,kritikunfähig‘‘ ankommen. Aber das ist es nicht. Denn man hat ja alle möglichen Wege überdacht und ist für sich selbst zu einem Entschluss gekommen.

Kritikunfähig sind meiner Meinung nach genau diese Menschen, die, die die Kritik stetig als Angriff der eigenen Person wahrnehmen und versuchen mit einer völlig banalen Sache, die nichts mit dem Thema zu tun hat, dagegen zu schießen und im Anschluss behaupten, die andere Person könne nicht mit der Kritik umgehen.

Was vielen mir eingeschlossen, manchmal noch schwerfällt, ist es zu verstehen, dass Menschen sich ändern können. Durch Erkenntnisse, Erfahrungen und Gespräche bildet sich ein Mensch stetig weiter und es kann sein, dass ich oder die eine Person, an die du gerade denkst, vielleicht mal kritikunfähig war. Aber das heißt ja nicht, dass es jetzt noch so ist. Ein Freund hat mir vor Kurzem etwas banal Klingendes, aber trotzdem so Hilfreiches mit auf meinen Weg gegeben: ,,Ich betrachte den Menschen immer genau so, wie er jetzt ist. Was mal passiert ist, ist passiert.‘‘ Irgendwie sehe ich es genauso, auch wenn ich in der Vergangenheit nie nach diesem Schema gehandelt habe. Weil mir von klein auf nicht mitgegeben wurde, Menschen zu verzeihen oder ihre Veränderung hinzunehmen. Mir war diese Art von Schema, auch wenn es so banal klingt, gar nicht bewusst. Natürlich muss nach wie vor jeder selbst wissen, was er damit anfängt und in welcher Situation etwas Unverzeihliches geschehen ist.

Um das Ganze noch mal zusammenzufassen, diese ganzen Erkenntnisse sind mir nicht vom Himmel zugeflogen gekommen, ich bin nicht allwissend oder möchte herausstellen, was für ein überragend toller Mensch ich bin. Ganz im Gegenteil: Ich möchte dich dazu ermutigen, einen ganz neuen Weg, auf den du noch gar nicht gekommen bist, einzuschlagen, als bisher.


April, 2022



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Hi, danke fürs Vorbeischauen!

Mein Name ist Saskia Schleyer. Ich bin tollpatschig, meistens organisiert und schreibe für mein Leben gern. Aktuell studiere ich Journalismus, was mir sehr viel Spaß bereitet. Nebenbei arbeite ich beim Südwestrundfunk. Wenn ich nicht gerade am schreiben bin, singe ich oder gehe mit meinen Freunden feiern.

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