Ist es wirklich so schlimm, das ,,SCHWARZE SCHAF‘‘ zu sein?
- Saskia Schleyer
- 11. Mai 2022
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. Mai 2022
Immer noch viel zu viele werden gemobbt, schief von der Seite angeschaut oder es wird hinter ihrem Rücken schlecht über sie geredet. Aber ab wann gilt man bereits als ,,anders‘‘ und weshalb ist diese Eigenschaft etwas sehr Gutes? Ich habe verschiedene Personen mit solchen Erfahrungen befragt und mir selbst ebenfalls Gedanken zu diesem Thema gemacht.
Erst einmal müssen hier (in den allermeisten Fällen) Differenzen zwischen schulischen und privaten Beziehungen gezogen werden.
Viele fühlen sich gerade im jugendlichen Alter in der Schule sehr unter Druck gesetzt und verhalten sich demnach sehr angespannt. Hinzu kommt der direkte Vergleich zu den Mitschülerinnen und Mitschülern. Perfektionistisch veranlagte Menschen möchten immer die Besten sein und die besten Noten schreiben. Unter diesem enormen Druck verstellen viele ihren Charakter. Des Weiteren wird man dadurch in eine Rolle ,,hineingepresst‘‘, der man selbst in der Realität gar nicht entspricht und hat ebenso womöglich im Zuge dessen Angst zu versagen oder etwas Falsches zu machen. Ein für gewöhnlich sehr aufgedrehter Mensch hat in dem Falle beispielsweise in der Vergangenheit bereits schlechte Erfahrungen damit gemacht, seine reale Art zu zeigen. Er wurde im Anschluss gemobbt und ausgelacht, was dazu geführt hat, dass dieser Mensch in der Schule nun ein sehr ruhiger Charakter geworden ist.
Anders sieht es bei privaten Beziehungen aus. Der ein oder andere würde nun behaupten, dass man sich den privaten Umkreis selbst aussuchen kann und man sich aufgrund dessen anders zeigt und darstellt. Auf der einen Seite mag das durchaus der Wahrheit entsprechen, jedoch gehört viel mehr dazu. Wenn man sich hier beispielsweise eine Partysituation zum direkten Vergleich mit der Schulsituation vor Auge führt, fällt einem direkt der Stimmungsunterschied auf. Auf einer Party ist man für gewöhnlich offener, entspannter und in besserer Laune als in der Schule. Da alle aus dem gleichen Grund hier sind, – dem Alltag ein stückweit zu entkommen und an keine Verpflichtungen zu denken, – fühlen sich die meisten auch gleichzeitig verbundener miteinander. Man fühlt sich auf der Party schneller, akzeptierter und hat es darauffolgend leichter, Kontakte zu knüpfen. Auch ein auffallender Charakter, der in der Schule häufig Schwierigkeiten hat, wird in der ausgelassenen Partystimmung der Jugendlichen leichter akzeptiert. Dennoch kann es manchmal auch passieren, dass man auch auf Partys schnell ausgegrenzt wird, wenn man beispielsweise keinen Alkohol trinkt oder verträgt. Ich selbst habe damit bereits vor allem zu Beginn meiner Partyphase häufiger negative Erfahrungen erlebt, in denen ich ausgelacht wurde, weil ich nichts trinken wollte oder die Leute es nicht akzeptieren wollten. Als sehr zurückhaltender Charakter ist es womöglich noch schwieriger, sich durch solche Situationen zu schlagen und man lässt sich schneller überreden.
Wie auch im ersten Punkt bereits erwähnt, fällt es im frühen Jugendalter vielen Menschen schwer, mit jemandem umzugehen, der nicht in die Norm passt. Sei es, dass man beispielsweise sehr emotional angreifbar ist und öfter Wutattacken oder Panikattacken erlebt oder dass man ständig aufgedreht ist und zum Beispiel ADHS hat oder autistische Züge aufweist. Solche Menschen werden demnach in den meisten Fällen ausgegrenzt oder als Mobbingopfer ausgenutzt.
Aber nicht nur aufgrund seines Charakters stechen manche Jugendlichen mehr heraus als andere. Auch das Aussehen sei heutzutage zu einem enorm wichtigen Thema geworden. Hier erzählten mir die meisten von ihren Erfahrungen aus der Vergangenheit mit ihrem äußerlichen Auftreten, die oft sogar bis hin zum Mobbing oder zu einer Ausgrenzung führten. Als Zwillingsgeschwister mit roten Haaren stachen 2 der Befragten stets aus der Menge heraus. Sie erzählten von Mobbing in der Schule, dummen Sprüchen, die sie sich täglich von ihren Mitschülern anhören mussten und von Menschen, die ihnen ständig hinterherschauten.
Des Weiteren wurde der Aspekt ,,anders‘‘ zu sein in meiner Umfrage oftmals in Verbindung mit aktuellen Trends gesetzt. Wenn es um das Thema Klamotten geht, sind die meisten Jugendlichen bei den aktuellen Trends sofort dabei und schwimmen wortwörtlich mit dem Strom. Wer demnach nicht die neusten bauchfreien Tops oder die modernsten Schlaghosen bzw. als Junge den neusten Markenpullover trägt, wird vom eigenen Freundeskreis oder von dem anderen Mitschüler*innen als ,,uncool‘‘ abgestempelt oder fällt zumindest stark auf. Social Media ist in dem Fall ebenso von großer Bedeutung. Gerade Mädchen vergleichen sich häufig mit den ,,Influencern‘‘, die jegliche Trends vorgeben und ahmen diese in direktem Wege nach.
Trotz der ganzen oben genannten negativen Aspekte ist es absolut nichts Schlimmes, ein ,,schwarzes Schaf‘‘ zu sein. Halte dir stets vor Augen, dass es keine Krankheit ist, sondern siehe es als eine positive Eigenschaft an, die dich als eigenständigen, besonderen Charakter ausmacht. Dadurch, dass du anders bist, individualisierst du dich und wirkst als Mensch interessant. Du musst dir im Laufe deiner jugendlichen Entwicklung bewusst werden, dass es, um Kontakte zu halten und zu pflegen, ausschließlich auf deine Kompetenzen und deinen Charakter ankommt und wenig auf deine äußerliche Erscheinung (hier meine ich im Sinne der Klamotten, die du trägst oder deine Haarfarbe etc.). Ich kann dir versichern, dass du durch solche negativen Erfahrungen wächst und es irgendwann akzeptierst, anders zu sein. Spätestens dann werden auch Menschen kommen, die deinen besonderen Wert erkennen und dich nachempfinden können.
Für alldiejenigen, die sich mit dem Artikel angesprochen gefühlt haben, bleibt euch selbst treu und seid euch stets bewusst, dass es gut ist, das ,,schwarze Schaf‘‘ zu sein.
Von allen anderen wünsche ich mir in Zukunft, bevor ihr einen Menschen kennenlernt (vor allem im jugendlichem Alter, in dem viele noch sehr angreifbar sind), habt keine Vorurteile und steckt bloß niemanden in eine Schublade.
Januar, 2021

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