Ich habe Angst, dich zu verlieren!
- Saskia Schleyer
- 25. Feb.
- 3 Min. Lesezeit
"Verlustangst gibt einem das Gefühl sofort handeln zu müssen, damit man die Person nicht verliert - eigentlich gehts dabei aber um Akzeptanz. Sich den eigenen Gedanken hinzugeben, diese zu akzeptieren und nicht nach der Angst zu handeln."
Diesen Satz, zumindest so in etwa mit ein paar angedichteten Wörtern hat meine Therapeutin gestern zu mir gesagt. Dabei ist bei Ängsten doch eigentlich immer genau das wichtig: Zu handeln, sich ihnen entgegenzustellen.
Jedoch gibt es Unterschiede zwischen Ängsten. So richtig ist mir das erst gestern in beziehungsweise nach der Therapie bewusst geworden. Und ich meine jetzt nicht von den Ängsten an sich, sondern von dem Umgang mit ihnen.
Während zum Beispiel die Angst vor Spinnen oder die Soziale Angst sterben, wenn man sich ihnen entgegenstellt, in dem man handelt, sieht es bei der Verlustangst etwas anders aus.
Ja, entgegengesetztes Handeln, Denken und Fühlen spielt bei jeder Art der Angst eine Rolle. Und trotzdem ist bei der Verlustangst oftmals genau das Nicht-Handeln die entscheidende Handlung. Die Handlung besteht quasi darin, die Situation radikal zu akzeptieren. Genau so, wie sie gerade ist.
Es wird nichts bringen, der Person ständig zu sagen, dass man Angst hat, sie zu verlieren. Der Versuch, die andere Person zu kontrollieren, ihre Handlungen zu beeinflussen wird ebenfalls nicht helfen. Zumindest langfristig nicht. Kurzfristig wird sich die andere Person vielleicht mehr um einen kümmern, aber langfristig, wird sie sich von dir abwenden. Langfristig wird dieses beziehungsschädigende Verhalten die Beziehung zerstören. Denn so schwer es ist, sich das selbst einzugestehen, wird die andere Person irgendwann überfordert und mit ihrem Latein am Ende sein. Denn niemand kann jemals in deinen Kopf gucken, auch wenn dich die Person noch so gut zu kennen scheint. Vor allem bei Menschen wie mir, die sehr sprunghaft in ihren Gedanken und ihrem Handeln sind, ist es umso schwerer, die Gedanken in den jeweiligen Situationen zu lesen.
Deswegen ist ein Realitätscheck in solchen Momenten so wichtig: Wie spricht die Person mit mir? Wie oft sehen wir uns wirklich? Gibt es reale Anzeichen dafür, dass wir uns gerade voneinander entfernen oder finden diese Gedanken und Szenarien nur in meinem Kopf statt? Wie gehen wir miteinander um?
Hier kann es helfen, die Vogelperspektive einzunehmen und zurückzutreten. Wenn man den Realitätscheck alleine nicht schafft, kann es helfen, Außenstehende miteinzubeziehen. Diesen Menschen sollte man jedoch vertrauen und wissen, dass sie einem die ehrliche Meinung sagen.
Es ist aber auch völlig okay, alles erstmal sacken zu lassen und sich den Gedanken hinzugeben, sie aufzuschreiben, wegzuschieben und sich irgendwann anders mit ihnen auseinanderzusetzen. So geht es mir jetzt gerade auch. Ich schaffe es nicht, mir die Realität anzuschauen und andere um Hilfe zu bitten...geht in meinem Fall auch nicht wirklich.
Dementsprechend habe ich gerade zwei Möglichkeiten: Entweder ich konfrontiere mein Gegenüber und erzähle zum gefühlt hundertsten Mal von meinen Verlustängsten, unterstelle ihm oder ihr, nicht genug für mich da zu sein, mich vernachlässigt zu fühlen. Damit würde ich jedoch die Beziehung gefährden. Dabei ist es egal um welche Art von Beziehung es sich handelt, familiäre, freundschaftliche oder Liebesbeziehung. Denn diese Handlung würde dazu führen, dass ich meine Probleme zu denen der anderen Person mache. Ich würde die Schuld abwälzen: "Du bist an allem Schuld", "Du bist nicht genug für mich da", "Warum kannst du mir nicht einfach sagen, dass ich dir egal bin?". All das sind unfaire Sätze, die genau dazu führen, wovor man Angst hat: Man entfernt sich voneinander.
Dabei ist das ganze doch auch "nur" eine irrationale Angst, die nur mich betrifft. Für die nur ich die Verantwortung tragen kann. Oder die Person, von der sie im Ursprung wirklich ausgeht. Dennoch kann nur ich gegen sie ankämpfen. Manchmal kann es natürlich helfen, die andere Person in einem ruhigen Moment von diesen Ängsten zu erzählen, damit sie nicht komplett im Regen stehengelassen wird. Dann ist es aber umso wichtiger, diesen Menschen auch an deinem Lernprozess teilhaben zu lassen. Sprich aus, dass du an dir arbeitest und die andere Person die Angst nur bis zu einem gewissen Grad schwächen kann, du aber die Hauptverantwortung dafür trägst. Diese Akzeptanz und Erkenntnis kann dauern. Sehr lange. Aber sie wird kommen. Irgendwann. Versprochen.
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